Das Projekt „Spiegelungen“ am Siegener Löhrtor, konzeptioniert und durchgeführt vom Studio für Neue Musik und dem Fachgebiet Raumgestaltung im Department Architektur unter künstlerischer Leitung von Sarah Bäumer und den Professoren Ulrich Exner (Architektur) und Martin Herchenröder (Musik), bespielte den Schwimmbereich des Gebäudes mit Klang und Licht. Die einstündige Performance war ein „poetisches Gesamtkunstwerk“, heißt es. Es war zu sehen, zu hören und auch zu spüren, wie genau die Beteiligten das Vorgegebene analysiert hatten, wie sie darauf reagierten und damit ein Neues schufen: einen traumhaften Ort, fast aus der Zeit gefallen, ein Erlebnis, das sich aus der Summe des Gebotenen formte. „Spiegelungen“ war vielschichtig und vieldeutbar; es brachte ein ganzes Orchester (musikalische Leitung: Jakob Graß) an den Beckenrand.
Den Rahmen um diese meditativ angelegte Raumerkundung bildete ein Werk (Video: Sophie Tandogan, Musik: Erik Scheid), das an einem Zitat des chinesischen Philosophen Lao-Tse anknüpfte: „Du musst wie Wasser sein“ – mit Klängen irgendwo aus dem Nirgendwo, mit einem Video-Suchlauf aus Schriftzeichen und mit chorischem Gesang, der die Schwimmhalle in eine Kathedrale des Wassers zu verwandeln schien. Lao-Tses Rat, sich weit zu öffnen, zu allem zu werden, wie Wasser zu sein, sich dem Leben hinzugeben, damit die Weisheit ihren Weg zum Ich findet, wirkte wie ein Grundton, den alles Weitere spiegelte. Zwi-schenmusiken boten Momente des Nachsinnens, erkundeten den Ort mitunter auch in der Bewegung. Sie umrundeten die Wasserfläche (mit Flöte, mit Geige), griffen das Hervorgehobene der Startblöcke auf (Fanfare der Blechbläser), machten das Unergründliche des Wassers mit perkussiven Elementen hörbar.
Dem Dazwischen der klar definierten Linienführungen dieser Sportstätte aus den 50er-Jahren galt das besondere Interesse der Studierenden und auch das, was sich hinter dem Offensichtlichen verbirgt. „Between The Lines (is Space)“ (Video: Katrin Ostretsov/Louisa Thalmann, Musik: Simon Jade) zeichnete die Höhe, Breite und Tiefe des Raumes nach, verfremdete die glatte Fläche des Wassers mit Spots und Nebel, eine Kondensation!
Beim zweiteilig angelegten „Splash“ (Video: Julia Roggendorf/Lena Weigert, Musik: Lutz Wehnert) lief ein Film über Ruhebänke und tragende Säulen, der auf die Geschichte des Bads rekurrierte. Dass hier Bilder aus dem Außenbereich der einstigen Sauna gezeigt wurden, machte im Nachhinein die Erläuterung durch Martin Herchenröder deutlich: „Ein verlorener Ort, mitten in Siegen!“ Mit „Splash II“ kam dann auch das Wasser selbst ins Spiel. Max Uloth vom städtischen Bäderteam hatte die Schwimmbadpumpen wieder angestellt. Da war ein Plätschern im Raum, eine ergänzende Dynamik. Alles fließt ...
Magisch mutete das Gesamtkunstwerk „Schwimmer“ an. Hier verband sich eine schwimmende Skulptur im Mutter-Kind-Bereich (Installation: Charlotte Figulla), mit einem Text des Mathematikers Leonhard Euler (vom Bademeister-Häuschen über Mikrophon live gesprochen) und einer Musik über „Wellen des Lichts, Wellen des Schalls“ (Larissa Berger). Ein Beispiel für den ständigen Wechsel der Perspektiven. Es bewegte sich was in dem erst einmal statischen Raum.