Auch Museen und Sammlungen sind bislang Klimakiller
Im Forschungsprojekt "ReKult" wird erforscht, wie Museen, Bibliotheken, Archive und Depots am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtet werden können.
Eine spektakuläre Museumsarchitektur und überdimensionierte Anforderungen an den Schutz von Exponaten bedingen einen maximalen Einsatz von Technik für die Regulierung des Raumklimas hinsichtlich Belüftung, Temperatur und Feuchtigkeit. Entsprechend hoch sind die CO2-Emissionen der Museen, Bibliotheken, Archive und Depots, um die Räume gemäß den Anforderungen zu klimatisieren. Aus konservatorischer Sicht wäre dieser technische Maximaleinsatz aber gar nicht notwendig. In Zeiten von Klimakrise, Energieknappheit und schwer kalkulierbaren Energiekosten stehen diese Kulturerbe-Bauten deshalb vor der Herausforderung, sowohl ihren Betrieb und ihre Instandhaltung konsequent nachhaltig zu gestalten, als auch die Planung und den Bau neuer Gebäude am Prinzip der Nachhaltigkeit auszurichten.
Im kürzlich gestarteten Forschungsprojekt "Ressourcenoptimierte Kulturerbe-Bauten (Memory Institutions) – ReKult" werden neue Bewertungs- und Planungsansätze zur nachhaltigen Instandhaltung und Errichtung von Kulturerbe-Bauten entwickelt. An dem Projekt sind das Natural Building Lab der TU Berlin unter Leitung von Prof. Eike Roswag-Klinge, die TU Braunschweig, das Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin, das das Forschungsvorhaben leitet, und die TU München beteiligt.
Die Forscherinnen und Forscher werden im Projekt zunächst das Bewertungssystem "Nachhaltiges Bauen" des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen analysieren. Anschließend überprüfen sie, inwiefern sich dieses Bewertungssystem auf Kulturerbe-Bauten übertragen lässt. Dabei werden die Anforderungen zur präventiven Konservierung von Ausstellungsobjekten durch ein ganzheitliches Risikomanagement neu bewertet. Grundlagen dafür liefern bauwerksbezogene Elemente wie digitale Modelle (Building Information Modeling, BIM), thermisch-dynamische Simulationen sowie das direkte Monitoring durch Sensorik am Bauwerk. Durch die Sensordaten lassen sich so beispielsweise Modelle anpassen und optimieren. Am Ende des zweijährigen Forschungsprojekts sollen neue Planungsansätze für Museen, Archive, Bibliotheken und Depots unter dem Aspekt des nachhaltigen Bauens entstehen: Das meint unter anderem den Einsatz von performativen Gebäudehüllen, nachwachsenden und umweltverträglichen Baustoffen, einen reduzierten Energieverbrauch, minimalen Einsatz von Gebäudetechnik sowie die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden. Hierzu werden im Rahmen des Forschungsprojektes die folgenden vier Kernbereiche bearbeitet:
- angemessene Schutzanforderung an Objekte, Sammlungen und Gebäude,
- angemessene Gebäude-Technik-Systeme,
- Empfehlung zu geeigneten Sensortechniken und Überwachungssystemen für ein Bauwerksmodell im Sinne eines digitalen Zwillings,
- Konzeption von Kriterien für Kulturerbe-Bauten im Rahmen des Bewertungssystems „Nachhaltiges Bauen“.
Das Gemeinschaftsforschungsprojekt "Ressourcenoptimierte Kulturerbe-Bauten (Memory Institutions) – ReKult" wird durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gefördert.
Energieeffiziente Depotbauten für Museen
Aufgrund der aktuellen Energiekrise fürchten Museumsbetreiber um die Kunstschätze, die in Depots eingelagert sind – und fordern daher eine Priorisierung bei der Energieversorgung. Wie Depots mit nur geringem Energieeinsatz betrieben oder gar zu Energielieferanten werden können, hat das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsvorhabens untersucht. Die Empfehlungen zum Betrieb von Depots und Archiven haben die Forschenden in einem Handbuch zusammengefasst
Handbuch für Depots und Archive
Bei stabilen Raumklimata ist das jedoch gar nicht nötig, wie Forscherteams des Fraunhofer IBP herausfanden. "Eine Temperatur von 20 Grad Celsius in den Depots zu halten, käme einer Energieverschwendung gleich", weiß Prof. Ralf Kilian, Leiter der Kulturerbe-Forschung am Fraunhofer IBP. "Optimal für die Objekte wäre stattdessen eine Temperatur von nur zehn bis 15 Grad Celsius. Und das nicht nur im Sinne der Energieeffizienz, sondern auch im Hinblick auf die langfristige Erhaltung der Museumsobjekte. Denn viele Schadensprozesse laufen bei niedrigeren Temperaturen langsamer ab. Elementar ist daher weniger die konkrete Temperatur, sondern eine konstante Raumluftfeuchte."
Solche und andere Empfehlungen zum Bau und Betrieb von Museums-Depots haben die Forschenden in einem Handbuch zusammengefasst: Dem "Handbuch Depots und Archive: Handlungsempfehlungen für Planung und Betrieb". "Das Handbuch enthält wertvolle Hinweise zum Qualitätsmanagement", sagt Kilian. "Wie baut man ein Archiv? Wie viel Platz braucht man, welche Regalsysteme sind sinnvoll, wie sorgt man für die nötige Sicherheit?" Insbesondere die Nachhaltigkeit und die Klimatisierung der Räume hatten die Forschenden bei der Erstellung des Handbuchs im Blick.
Mehr zum Handbuch unter www.baufachinformation.de