Besprechungen mit Eigentümern, Versorgungsunternehmen oder dem Gemeinderat sind Besprechungen mit Dritten und im Umfang im Grundleistungsbild von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen klar geregelt. In der Summe sind diese auf fünf Besprechungen beschränkt. Besprechungen mit Behörden und an der Planung fachlich Beteiligten sind grundsätzlich unbeschränkt Grundleistung.
Frage 1: Ein Planer einer öffentlichen Abwasserentsorgungsleitung: „Mein Auftraggeber fordert von mir, ich solle die Abstimmungen zur Lage der Hausanschlüsse mit den Hauseigentümern durchführen. Er meint, das sei mit dem vereinbarten Honorar abgedeckt. Schließlich seien die Abgänge für die Hausanschlüsse auch Teil der anrechenbaren Kosten. Stimmt das?“
Frage 2: Eine Auftraggeberin: „Ich habe meinen Planer gebeten, seine Vorplanung für ein Regenrückhaltebecken im Gemeinderat zu präsentieren. Hierfür hat er mir ein Angebot über eine zusätzliche Vergütung vorgelegt. Muss ich das bezahlen?“
Frage 3: Eine Planerin einer Verkehrsanlage: „Wir haben den Auftrag für eine Umgehungsstraße. Die Absprachen mit den Naturschutzbehörden gestalten sich schwierig. Wir hatten jetzt bereits drei Besprechungen, bei denen ich jeweils Lösungen präsentiert habe. Die Behördenvertreter waren mit keiner Lösung einverstanden. Jetzt soll es zu einer weiteren Besprechung kommen. Steht mir dafür eine zusätzliche Honorierung zu?“
Frage 4: Ein Planer: „Ich plane eine Trinkwasseraufbereitungsanlage. Der Auftraggeber hat die Fachplanungen für das Tragwerk, die Lüftung, die Krananlagen und die Elektrotechnik getrennten Planern vergeben. Jetzt müssen wir uns mindestens einmal wöchentlich treffen, um die Planungen abzustimmen. Gerade im Bereich der Elektrotechnik ist ein immenser Koordinationsaufwand erforderlich. Ist das alles noch mit dem Grundhonorar abgegolten?“
Vorab: Alle Anfragenden haben auf Nachfrage bestätigt, dass sie Verträge abgeschlossen hätten, welche sich in der Leistungsvereinbarung an den Grundleistungen der HOAI 2013 orientieren. Die HOAI 2013 benennt als Projektbeteiligte neben dem Auftraggeber und Auftragnehmer den „Dritten“, die „Behörde“ und die „an der Planung fachlich Beteiligten“. Anlage 12 für Ingenieurbauwerke und gleichlautend Anlage 13 für Verkehrsanlagen der HOAI 2013 erfassen in Leistungsphase 2, lit. h) Termine mit „Dritten“ und begrenzen sie auf bis zu zwei und in Leistungsphase 3, lit.e) auf bis zu drei Termine.
In der früheren Regelung des § 55 Abs. 2 HOAI 1996/2002, Leistungsphase 2, ist dagegen vom „Mitwirken beim Erläutern des Planungskonzepts gegenüber Bürgern und politischen Gremien“ die Rede. Sodann begrenzte § 55 Abs. 3 HOAI 1996/2002 die Grundleistungen auf bis zu fünf Termine mit „Bürgern oder politischen Gremien“ (so auch § 42 Abs. 3 HOAI 2009).
Die HOAI 2013 spricht dagegen nur noch von „Dritten“ und versteht darunter wohl Bürger und (!) politische Gremien1, obwohl politische Gremien (des Auftraggebers) rechtlich eigentlich dem Auftraggeber zuzurechnen sind.
Politische Gremien eines öffentlichen Auftraggebers sind Stadtrat, Gemeinderat, aber auch deren Ausschüsse, wie ein Bauausschuss. Dass „Dritte“ sowohl Bürger als auch politische Gremien erfasst, ergibt sich aus einer historischen Auslegung mit Blick auf deren frühere Zusammenfassung. Auch die amtliche Begründung zum früheren § 55 Abs. 2 HOAI 1996/2002 (BR-Ds. 274/80) betonte, wie bedeutsam Erörterungstermine mit Bürgern und (!) politischen Gremien sind: „Die zunehmende politische Bedeutung der Planung und Ausführung von Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerken läßt es zweckmäßig erscheinen, das Mitwirken beim Erläutern der Planung gegenüber Bürgern und politischen Gremien als Grundleistung aufzunehmen.“
Gleichzeitig ist zu beachten, dass bis zur HOAI 2009 bis zu fünf Termine mit den Grundleistungen abgegolten waren und es bei der späteren HOAI 2013 ebenfalls fünf Termine sind, jedoch gesplittet auf die Leistungsphasen 2 und 3.
Dritte sind desweiteren diejenigen, die von der Planung betroffen sind, wie z. B. Versorgungsunternehmen für Wasser, Abwasser, Strom oder Telekommunikation. Zusammenfassend lassen sich „Dritte“ somit als „von der Planung Betroffene“ charakterisieren.
Eine Behörde ist gemäß § 1 Abs. 4 VwVfG2„jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“ und im Bereich der Planung insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen ausspricht.
An der Planung fachlich Beteiligte sind neben dem Objektplaner alle Fachplaner, also Tragwerksplaner, Planer der Technischen Ausrüstung, Flächenplaner und Vermesser und auch die Gutachter für Baugrund, Brandschutz, Schadstoffe und Energie3. Sie alle sind an der Planung selbst fachlich beteiligt und nicht nur wie Dritte von der Planung betroffen.
Antwort 1: Auf Nachfrage erläutert der Planer, dass in seinem Vertrag auch die Satzung der Gemeinde als Vertragsgrundlage vereinbart sei. Diese regele, dass der im öffentlichen Straßengrund liegende Teil der Grundstücksanschlüsse noch in der Verantwortung der Gemeinde stehe. Damit liegt hier eine in Deutschland typische Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatem Kanal vor, nämlich die Grundstücksgrenze. Dann gehört die Planung des Grundstücksanschlusses im öffentlichen Raum bis zur Grundstücksgrenze zum Planungsumfang des Planers und das Honorar ergibt sich in der Tat über die anrechenbaren Kosten dieser Anschlüsse. Die geforderte Leistung ist aber genauer zu prüfen. So sind Eigentümer, wie zuvor erläutert, im Sinn der HOAI Dritte. Sie sind von der Planung Betroffene. Im hier maßgeblichen Leistungsbild für Ingenieurbauwerke heißt es in Anlage 12 zu § 43 Abs. 4 HOAI: Leistungsphase 2, lit. h): „Mitwirken beim Erläutern des Planungskonzepts gegenüber Dritten an bis zu zwei Terminen“ Leistungsphase 3, lit. e): „Mitwirken beim Erläutern eines vorläufigen Entwurfs gegenüber Dritten an bis zu drei Terminen“
Das heißt, dass in der Summe fünf Eigentümergespräche als Grundleistung zu bewerten und damit über das Grundhonorar abgedeckt sind. Allerdings geht es thematisch nur um das Erläutern des Planungskonzepts der öffentlichen Abwasserentsorgung, z. B. in öffentlichen Versammlungen mit allen betroffenen Eigentümern. Es geht also nicht darum, mit jedem Eigentümer eigene Gespräche über seinen spezifisch privaten Hausanschluss auf seinem Grundstück zu führen, und auch nicht um dessen Planung. Denn der Planer ist weder von der Kommune beauftragt mit den Eigentümern direkte Gespräche zu führen, noch hat er den Planungsauftrag von den Eigentümern, auf deren Grundstück tätig zu werden. Die Grundleistung umfasst neben dem zwei- bzw. dreimaligen Erläutern nur die Planung des Hausanschlusses bis zur Grundstücksgrenze. Wo genau der Abzweig für den Hausanschluss liegt, wäre dem Planer vorzugeben. Soll er die Lage allerdings mit den Eigentümern absprechen und entsprechend planen, wäre das zusätzlich zu vergüten.
Antwort 2: Der Gemeinderat ist ein Dritter, wie vorab dargelegt. Die Auftraggeberin kann mit der Beauftragung der Grundleistungen der Leistungsphase 2 (siehe Antwort 1) das Erläutern gegenüber Dritten sogar zweimal verlangen, ohne Mehrvergütung zahlen zu müssen. Damit hat der Planer ohne Weiteres keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch. Auf Nachfrage hat die Auftraggeberin noch erläutert, sie hätte auch keine weiteren speziellen Präsentationsunterlagen gefordert, sondern wollte, dass nur die ohnehin erstellten Zeichnungen präsentiert werden. Dann ergibt sich abschließend für die Auftraggeberin kein Grund, eine Mehrvergütung zu zahlen.
Antwort 3: Auf Nachfrage bestätigt die Planerin, dass sie sich in der Leistungsphase 2, Vorplanung, befinde. Anlage 13 zu § 47 HOAI führt als Grundleistung lit. g) in der Vorplanung im Leistungsbild Verkehrsanlagen auf: „Vorabstimmen mit Behörden (…) über die Genehmigungsfähigkeit (…)“. In der Grundleistung ist keine Anzahl von Besprechungen genannt. Ist auch im Vertrag keine Beschränkung genannt (wie hier auf Nachfrage gegeben), sind alle erforderlichen Abstimmungen mit Behörden von der Grundleistung erfasst. Hier stellt das Honorar nach HOAI ein klassisches ergebnisorientiertes Pauschalhonorar dar. Die Planerin hat keinen Mehrvergütungsanspruch. Erst dann, wenn sich die Behörden einmal festgelegt hätten und danach ihre Festlegungen ändern würden, wäre ein Mehrvergütungsanspruch aus wiederholter Grundleistung gegeben (ausführlich Kalte/Wiesner im Deutschen Ingenieurblatt 01-02/2016).
Antwort 4: Der Auftraggeber hat vergaberechtlich völlig richtig eine Fachlosvergabe für seine Planungsleistungen vorgenommen (§ 97 Abs. 4 GWB bei EU-weiten Vergaben; bei nationalen Vergaben sinngemäß). Es gibt also erst mal keinen Grund für den Planer, dies als rechtswidrig zu bewerten. Der Objektplaner hat eine umfassende Koordinationspflicht hinsichtlich der Fachplaner und Gutachter (und erhält diese für die Fachplaner zudem über § 42 Abs. 2 HOAI vergütet). Schon in der Leistungsphase 2 gehört die Bewertung und Einarbeitung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter zur Grundleistung. In der Leistungsphase 3 – Entwurfsplanung (in der sich auf Nachfrage das Projekt befindet) lautet z. B. die Teilleistung lit. a): „(…) Koordination der Fachplanungen“.
Demnach ist auch hier, wie bei Antwort 3, der Umfang der Besprechungen zur Koordination grundsätzlich unbeschränkt. So ist es gerade Aufgabe des Objektplaners, die Leistungen aller fachlich Beteiligten so zu koordinieren, dass am Ende eine mangelfreie Planung, nach der dann mangelfrei gebaut werden kann, entsteht. Sind wöchentliche Besprechungen hierfür erforderlich, ist die Vergütung im Grundhonorar enthalten. Ein Mehrvergütungsanspruch ist also nicht erkennbar.
Fazit
Die HOAI unterscheidet bei den weiteren Projektbeteiligten zwischen Dritten, Behörden und an der Planung fachlich Beteiligten, mit denen Planer Abstimmungen und Termine durchführen müssen. Hinsichtlich der „Dritten“ ist eine Mehrvergütung dann möglich, wenn der Leistungsumfang der Grundleistungen zwei bzw. drei Termine überschreitet. Interessant ist dabei, dass „Dritte“ im Sinne der HOAI Bürger und (!) die politischen Gremien (des Auftraggebers) erfasst. Abstimmungen im Zusammenhang mit Behörden oder mit fachlich Beteiligten sind im Grundleistungsbild dagegen grundsätzlich unbeschränkt.