Zustand kritisch: Zum Umgang mit maroden deutschen Brücken

tagesschau24-Interview mit dem Präsidenten der Bundesingenieurkammer

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Die Carolabrücke in Dresden ist eingestürzt, obwohl Brücken in Deutschland regelmäßig überprüft werden. Ob die Kontrollen ausreichen und welche Maßnahmen jetzt erforderlich sind, beantwortete Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, im Interview mit tagesschau24 am 12. September.

Bökamp betont, dass die regelmäßigen Kontrollen für Brücken nur verpflichtend bei Landes- und Bundesstraßen sind. Bei anderen Brücken hängen Kontrollen dagegen oft von dafür bereitgestellten Geldern der jeweiligen Kommune ab.

Er hofft, dass das Versagen der Carolabrücke ein Einzelfall bleibt. Allerdings gibt es in Deutschland eine Reihe von Brücken, die in einem so schlechten Zustand sind, dass auf jeden Fall Handlungsbedarf besteht.

„Durch die Kontrollen wissen wir, dass wir eine Reihe von ‚Patienten‘ unter den Brücken haben, denen es wirklich nicht gut geht.“
 

Der Präsident der Bundesingenieurkammer erläutert, dass wir nicht in der Lage sind, die ganzen Probleme jetzt schnell abzustellen. Bei sicherheitsrelevanten Belangen wird normalerweise davon ausgegangen, dass präventiv gearbeitet wird. Aufgrund der Versäumnisse bei Instandhaltung und Sanierung in den vergangenen Jahren läuft man jetzt jedoch den Problemen hinterher.

Investitionen in Sanierung und Neubau wurden versäumt. Zudem wurde die Belastung der Brücken durch das hohe Aufkommen des Schwerlastverkehrs zu lange nicht ausreichend ernst genommen. Der Präsident kritisiert, dass die Finanzierung von Instandhaltungen gerne auf die nächste Legislaturperiode verschoben wird, in der Hoffnung, dass es ausreicht, wenn mögliche Nachfolger sich der Aufgabe annehmen.

„Unsere Sicherheit kann kein verhandelbares Gut sein.“
 

Auf die Frage, woher das Geld für die Sanierung der Brücken kommen solle, antwortete Bökamp entschieden, dass unsere Sicherheit kein verhandelbares Gut ist. Die Menschen erwarten, dass sie über sichere Brücken fahren und Infrastrukturen intakt sind. Er unterstreicht, dass dies eine grundlegende Aufgabe des Staates ist, denn die Wahrscheinlichkeit, dass an anderer Stelle ähnliches passiert, kann derzeit niemand ausschließen.

Es gibt Hunderte Brücken, die in einem kritischen Zustand sind und daher unter besonderer Beobachtung stehen. Die Bundesingenieurkammer geht davon aus, dass 10 bis 15 Jahre benötigt werden, um den aktuellen Sanierungsstau aufzuarbeiten. Ohne finanzielle Mittel und ohne weitere personelle Kapazitäten der öffentlichen Hand, wird es keine Verbesserungen geben.  

Der Präsident der Bundesingenieurkammer fordert im Interview, jetzt alle Ressourcen zu mobilisieren. Er geht auch davon aus, dass sicherlich in nächster Zeit präventiv mehr Brücken zur Gefahrenabwehr gesperrt werden.

„Da wird jetzt mancher nicht mehr den Mut haben, eine Brücke weiterhin in Benutzung zu lassen.“
 

Die Bundesingenieurkammer fordert: Brücken dürfen nicht weiter Opfer von Sparzielen werden, sondern für sie müssen alle erforderlichen Ressourcen und finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die Situation wirklich zu verbessern.

Bökamp bleibt im Interview jedoch skeptisch, da bei allem Willen die Personalressourcen bei den Baufirmen, bei den Ingenieurbüros und in den Verwaltungen nicht in erforderlichem Umfang vorhanden sind oder nicht so schnell aufgebaut werden können. Die Versäumnisse der Vergangenheit können jetzt nicht in kurzer Zeit aufgearbeitet werden.

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