Der Klimawandel mit extremen Wetterereignissen, die Verknappung von Ressourcen bei der Herstellung wichtiger Baustoffe und steigende Baukosten erfordern neue Ansätze. Die Baubranche konzentriert sich dabei auf Nachhaltigkeit im Baustoffsektor, höhere Produktivität für bezahlbares Bauen und Sanieren sowie die Widerstandsfähigkeit von Städten und Bauwerken gegenüber Klimawandelfolgen.
Gebäudesanierung
Sieben Fraunhofer-Institute entwickeln unter der Leitung des Fraunhofer IBP im Projekt „BAU-DNS – nachhaltig, digital, systemisch" Verfahren für eine modulare, ganzheitliche und zirkulare Gebäudesanierung. Das Projekt zielt darauf ab, die Sanierungszeit um zehn bis fünfzehn Prozent zu verkürzen und die graue Energie der Materialströme durch biobasierte Materialien zu halbieren.
Baustoffe
Die Wissenschaftler des Fraunhofer IBP erforschen verschiedene Ansätze für klimafreundlicheren Beton. Ein Schwerpunkt liegt auf der Verwendung von Pyrokohle: Bei ihrer Produktion speichert sich bis zu vierzig Prozent des in Pflanzen enthaltenen Kohlenstoffs als Feststoff. Die Forschenden haben ein Verfahren zur Granulierung der Pyrokohle entwickelt. Die hergestellten Gesteinskörnungen unter zwei Millimeter ersetzen den Sand im Beton.
Im Projekt RICIMER untersuchen die Forschenden die Rezepturen antiker römischer Betone. Diese zementfreien Baustoffe aus lokalen Ressourcen wie Vulkanaschen zeichnen sich durch Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit aus. Das Projekt zielt darauf ab, die historischen Formulierungen zu entschlüsseln und auf heutige Baustoffe zu übertragen.
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt sind alkalisch aktivierte Binder, auch Geopolymere genannt. Diese Materialien weisen eine hohe Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit und Temperaturresistenz auf.
Das Fraunhofer IBP hat aus dem Rohstoff Typha (Rohrkolben) einen neuen Baustoff entwickelt – das Typhaboard. Dieser Dämm- und Wandbaustoff besteht aus Rohrkolbenblättern und einem mineralischen Bindemittel. Die daraus gepressten Platten bieten Schallschutz, feuchtetechnische Eigenschaften, Schimmelresistenz, Dämmwirkung und Brandschutz.
Schadstofferkennung und -beseitigung
Für die Erkennung von Asbest in Bauschutt haben Forschende des Fraunhofer IOSB und IBP ein Verfahren entwickelt, das ohne Probenentnahme auskommt. Das bereits zum Patent angemeldete System ermöglicht großflächige Untersuchungen mit einem mobilen Hand-held-Gerät oder stationär über Förderbändern.
Das CycloPlasma-Verfahren, gefördert von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung, dient der Dekontamination von PCP und Lindan. Es verbindet ein Adsorbermaterial mit Plasmatechnologie zur Behandlung belasteter Hölzer und Innenräume. Pilotprojekte im Freilichtmuseum Glentleiten und im Marstall des Schlosses Nymphenburg haben die Wirksamkeit bestätigt.
Klimaanpassung der Städte
Das Stadtklimamodell PALM-4U ermöglicht Simulationen für die Stadtplanung. Die Open-Source-Lösung steht über die Plattform OASITY zur Verfügung. Kommunen und Planungsbeteiligte können damit ihre Maßnahmen auf klimatische Wirkungen prüfen.
Das Fraunhofer IBP entwickelt gemeinsam mit der Universität Stuttgart und der HELIX Pflanzensysteme GmbH ein Grünfassadensystem für heimische Wildstauden, Kräuter und Gräser. Das vom Stuttgarter Klima-Innovationsfonds und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Projekt läuft drei Jahre.
Die Fortbildung „Klimawandelgerechte Stadtgestaltung" vermittelt Stadtplanenden und Kommunalmitarbeitenden Kompetenzen durch Live-Online-Sessions, Präsenzveranstaltungen und selbstgesteuerte Lerneinheiten.