Seit der HOAI 2009 ergeben sich die anrechenbaren Kosten zur Honorarermittlung für alle Leistungsphasen aus der Kostenberechnung. Der Vorteil ist, dass das Honorar insgesamt sehr früh, nämlich in der Leistungsphase 3, feststeht und die Kostenberechnung unabhängig von kurzfristigen Schwankungen bei den tatsächlichen Baupreisen ist. Der Nachteil ist, dass sie am Ende doch mit der Kostenfeststellung verglichen wird und Veränderungen zu Unsicherheiten führen.
Frage 1: Eine Planerin: „Meine Auftraggeberin kürzt meine Kostenberechnung von 2,5 Mio. € auf knapp unter 2,0 Mio. €, weil „das dann gut durch den Gemeinderat geht“, so die Auftraggeberin. Muss ich das akzeptieren?
Frage 2: Eine Auftraggeberin: „Meine Planerin hat mir eine Kostenberechnung mit 4 Mio. € vorgelegt. Nach Abschluss stellen wir die Kosten mit unter 3 Mio. € fest. Bleibt es bei der Honorarermittlung nach Kostenberechnung?“
Frage 3: Eine Planerin: „Ich habe in der Kostenberechnung eine wichtige Position einfach vergessen, sodass sie um rund 100.000 € zu niedrig ausgefallen ist. Kann ich die Kostenberechnung nachträglich noch korrigieren und höher abrechnen?“
Frage 4: Eine Auftraggeberin: „Ich weiß, dass meine Planerin einen Anspruch auf das Fortschreiben der Kostenberechnung nach § 10 Abs. 1 HOAI hat, wenn ich mich nachträglich für eine Auftragserweiterung entscheide. Was aber ist die richtige Preisbasis für die Fortschreibung?“
Frage 5: Eine Planerin: „Mein Vertrag geht von einem Kostenrahmen von rd. 10 Mio. € aus. Jetzt habe ich die Kostenschätzung vorgelegt, welche unstrittig rund 15 Mio. ausweist. Weil sich die Entwurfsplanung noch längere Zeit hinzieht, wollte ich meine Abschlagsrechnungen auf die nun vorliegende Kostenschätzung umstellen. Meine Auftraggeberin verweigert dies und sagt, ich könne erst mit Vorlage der Kostenberechnung auf diese umstellen und müsse solange mit der Honorarermittlung auf Basis des Kostenrahmens leben. Stimmt das?“
Vorab
? 6 Abs. 1 HOAI 2009 und HOAI 2013 regeln, dass sich das Honorar für alle Leistungsphasen anhand der Kostenberechnung ergibt. Dieses sogenannte „Kostenberechnungsmodell“ kam auf Wunsch des Bundesrats zustande (BR-Ds. 395/09, III.3) und sollte der Abkoppelung der Honorare von den tatsächlichen Kosten dienen. Das macht grundsätzlich Sinn, denn so hängt das Honorar nicht mehr unmittelbar an der sich dynamisch nach oben oder unten entwickelnden Baukonjunktur. Allerdings werden die Kosten nur berechnet und lassen sich damit nicht einfach objektivieren, wie dies bei einer Kostenfeststellung der Fall ist. Entsprechend gab es gleich mit Einführung des Baukostenvereinbarungsmodells erste Fragen1. Auch Toleranzen einer Kostenberechnung werden immer wieder diskutiert2. Nun, nach rund 11 Jahren Erfahrung mit dem Kostenberechnungsmodell, gibt es weitere Fragen, aber auch Antworten.
Antwort 1: Wie alle Leistungen der Planenden muss auch eine Kostenberechnung frei von Mängeln sein. D. h., die Planerin muss ihrer Auftraggeberin die „richtigen“ Kosten nennen und nur diese sind Grundlage für ihr Honorar. Was die Auftraggeberin mit den Kosten macht, ist ihr überlassen. Es steht ihr frei, an ihren Gemeinderat niedrigere Kosten weiterzugeben, wenn sie diese verantwortet. Für das Honorar ist die fachlich zutreffende Kostenberechnung maßgeblich. So entschied der BGH, Beschluss vom 16.11.2016 – VII ZR 314/13, dass Vertragsklauseln, welche eine „freigegebene“ Kostenberechnung (und nicht die von den Planenden erstellte) als Honorargrundlage vorgibt, unwirksam sind, weil es so zu einem unzulässigen einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebenden über das Honorar kommen würde. Denn könnte der Auftraggebende die Höhe der Kostenberechnung bestimmen, könnte er auch gleich das Honorar bestimmen und das völlig losgelöst von der Leistung und der Verantwortung für die Kosten der Planenden. Das ist unzulässig.
Für den hier vorliegenden Fall hätte der Gemeinderat bei Information über die richtige Kostenberechnung dem Projekt eventuell schon nicht zugestimmt und es wäre von Anfang an nicht zur Umsetzung gekommen. Zieht dann der Gemeinderat z. B. erst nach Submission die Reißleine, kann die Planerin durchaus für sämtliche unnütze Kosten haften. Planende sollten sich also nie auf „politische“ Kostenberechnungen einlassen.
Antwort 2: Auf Nachfrage hat die Auftraggeberin mitgeteilt, dass der Entwurf nahezu 1:1 umgesetzt worden sei. Sonst wäre ihr schon klar, dass dann, wenn weniger gebaut worden wäre, auch weniger abgerechnet würde. Man hätte auch keine „Dumping-Angebote“ erhalten, vielmehr hätte der Preisspiegel gezeigt, dass alle Bietenden vergleichbare Preise hatten. Unter diesen Randbedingungen spricht viel dafür, dass die Planerin die Kostenberechnung zu hoch angesetzt hatte. Auch hier gilt: Eine Kostenberechnung muss mangelfrei sein. Die GHV hat der Auftraggeberin also geraten, der Planerin einen Mangel in der Kostenberechnung anzuzeigen und sie um Aufklärung zu bitten. Denn solange die Leistung noch nicht abgenommen ist, muss die Planerin beweisen, wie weit die Kostenberechnung mangelfrei ist. Nach einiger Zeit teilte die Auftraggeberin der GHV mit, dass man sich vernünftig geeinigt habe. Gut so.
Antwort 3: Auch hier gilt: Die Kostenberechnung muss mangelfrei sein. So wie bei Frage 2 die Planerin bei fehlerhaft überhöhter Kostenberechnung eine Pflicht hat, den Mangel zu beseitigen, indem sie die Kostenberechnung nach unten korrigiert, hat die Planerin in diesem Fall das Recht auf Mangelbeseitigung in der Weise, dass sie ihre Kostenberechnung nach oben korrigiert und die höhere Kostenberechnung dann Honorargrundlage ist. Schließlich wäre die richtige Kostenberechnung auch dann Grundlage für das Honorar gewesen, wenn sie von Anfang an mangelfrei gearbeitet hätte. Die 100.000 € sind also anrechenbare Kosten, die in der Sache richtig sind, was jedoch erst später auffiel. Einzig dann, wenn der Auftraggeberin durch die ursprünglich fehlerhafte Kostenberechnung ein Schaden entstanden ist, könnte die Planerin für den Schaden verantwortlich gemacht werden.
Antwort 4: Auf Nachfrage hat die Auftraggeberin mitgeteilt, dass sich durch eine lange Genehmigungszeit eine Zeitspanne von fast zwei Jahren zwischen Entwurf und Entscheidung zur Auftragserweiterung ergeben habe und aktuell deutlich höhere Preise gelten. Für sie stelle sich die konkrete Frage, ob die niedrigere Preisbasis von vor zwei Jahren oder die höhere von heute gelte. Kostenberechnungen haben als Preisbasis nach herrschender Meinung den Zeitpunkt ihrer Erstellung3. Entscheidet sich die Auftraggeberin für eine Auftragserweiterung, ist hierfür (neben Grundlagenermittlung und Vorplanung) ein Entwurf und eine Kostenberechnung zu erstellen. Dann ist Preisbasis der Zeitpunkt der Erstellung der Kostenberechnung für die Auftragserweiterung. Denn dann wird die Leistung erbracht. Man könnte zwar auch die Meinung vertreten, dass die Preisbasis von vor zwei Jahren anzusetzen wäre, weil das die Kosten wären, die gegriffen hätten, wenn von Anfang an die Auftragserweiterung bedacht worden wäre. Das überzeugt jedoch nicht. Denn das würde nur gelten, wenn die Planerin die Auftragserweiterung zu vertreten hätte. Das war aber im vorliegenden Fall unstrittig nicht gegeben. Entscheidet sich also die Auftraggeberin für eine Auftragserweiterung, gilt dafür die Kostenbasis zum Zeitpunkt der mangelfreien späteren Kostenberechnung.
Antwort 5: Die Planerin hat der GHV den Vertrag zugesandt. Der Vertragstext nimmt bei den anrechenbaren Kosten nur allgemein § 6 Abs. 1 HOAI in Bezug. Dieser lautet: „Das Honorar (…) richtet sich (…) nach den anrechenbaren Kosten auf der Grundlage der Kostenberechnung oder, sofern keine Kostenberechnung vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung (…).“ Dem Wortlaut „sofern“ folgend könnte man der Bewertung der Auftraggeberin zustimmen, wonach sich die anrechenbaren Kosten aus der Kostenberechnung ergeben und nur dann aus der Kostenschätzung, wenn keine Kostenberechnung vorliegt. In der HOAI 1996/2002 stand hier noch „nach der Kostenberechnung, solange diese nicht vorliegt, nach der Kostenschätzung“4. Damals war der Wortlaut also klar, dass die Kostenschätzung heranzuziehen war, „solange“ es noch keine Kostenberechnung gab. Diese Änderung von „solange“ auf „sofern“ erfolgte mit der HOAI 2009. Was der Verordnungsgeber damals wollte, zeigt sich aber aus der amtlichen Begründung zu § 6 HOAI 2009 (BR-Ds. 395/09), in der es heißt: „Das Honorar ermittelt sich aus den anrechenbaren Kosten auf der Grundlage der Kostenberechnung und, soweit diese noch nicht vorliegt, auf der Grundlage der Kostenschätzung.“ Der Verordnungsgeber wollte also die frühere Regelung unverändert lassen. Auch die amtliche Begründung (BR-Ds.334/13) zur HOAI 2013 zeigt, dass es zu keiner Änderung gegenüber der HOAI 2009 kommen sollte. Demnach ist der erkennbare Wille des Verordnungsgebers, dass die Kostenschätzung bereits dann heranzuziehen ist, sobald sie vorliegt5. Die Planerin kann also ihre Abschlagsrechnungen auf die Kostenschätzung umstellen.
Fazit
Nur mangelfreie Kostenberechnungen sind Grundlage für das Honorar. Mangelhafte Kostenberechnungen können nachträglich nach oben oder unten zu korrigieren sein, um dann zutreffend die anrechenbaren Kosten aufzuzeigen. Preisbasis ist immer der Zeitpunkt der Erstellung der Kostenberechnung. Solange die Kostenberechnung nicht vorliegt, greift bei Abschlagsrechnungen die Kostenschätzung.